Liebe Weltanschauende,
ja, wie ihr euch denken könnt, hat uns die Krise natürlich auch ziemlich erwischt. Wer hätte noch vor 2 Wochen gedacht, dass auf einmal alle Grenzen dicht sind und wir in praktisch allen europäischen Ländern massive Einschränkungen zur Eindämmung der Ausbreitung dieses Virus haben (sogar Mr. Johnson ist jetzt schon drauf gekommen). Wir unterstützen diese Maßnahmen natürlich. Momentan heißt es für uns alle: daheim bleiben, gesund bleiben, solidarisch sein.
Wir haben jetzt einmal alle unsere Reisen bis Ende April abgesagt (das waren die Reisen nach Iran, Venedig, Budapest, Matera und Assisi) und ich bin schon auch ein wenig stolz, dass wir hier trotz aller Unsicherheiten nie bis zum letzten Abdruck gewartet haben und immer vorausschauend agiert haben, denn das Wohl unserer KundInnen ist einfach das höchste Gut. Natürlich haben alle TeilnehmerInnen der abgesagten Reisen ihr Geld zurückbekommen bzw. konnten es für andere Reisen verwenden.
Nachdem gestern in help auf Ö1 der oberste Konsumentenschützer der Nation dazu aufgerufen hat, fällige Zahlungen für Reisen momentan nicht zu zahlen, möchte ich hier einfach klarstellen, dass alle eure Anzahlungen für Reisen in der Zukunft gesichert sind. Jeder österreichische Reiseveranstalter ist gesetzlich dazu verpflichtet, eine Insolvenzversicherung genau dafür zu haben, und so eine Versicherung haben auch wir. Das heißt im Falle einer Insolvenz (diese steht bei uns Gottseidank nicht im Raum) sind die bezahlten Leistungen durch diese Versicherung gedeckt (das hat nichts mit der dem Kunden angebotenen Stornoversicherung zu tun, sondern gilt für alle Zahlungen aller Kunden). Ich finde es aber einfach absolut entbehrlich und zutiefst unsolidarisch, einen solchen Aufruf jetzt zu machen, der einer Branche, die jetzt am Boden liegt, noch einen Tritt versetzt. Danke Herr Kolba! Ich finde, das ist purer Egoismus und eine Vollkaskomentalität, die man überdenken sollte. Denn die Welt ist nicht einfach Schwarz-Weiß und es gibt nicht DIE bösen UnternehmerInnen und DIE armen KonsumentInnen.
In diesem Sinne möchte ich mich auch bei allen von euch ganz herzlich bedanken, die uns in den letzten Tagen geschrieben haben, nicht um Reisen zu stornieren, sondern um uns zu bestärken und Mut zu machen. Das hat sehr gut getan ? Ja, ich glaube auch, dass nach der Krise die Nachfrage nach Reisen mit einem nachhaltigen Konzept abseits des Massentourismus wachsen müsste und dass Weltanschauen daher Bestand haben wird. Aber natürlich wissen wir alle nicht, wie lange diese Krise dauern wird und wann wir wieder problemlos in andere Länder reisen können. Und ich bin Realist genug, nicht zu glauben, dass dann gleich nach der Krise das Reisen die erste Priorität der Menschen sein wird. Dennoch wird jeder wieder einmal eine Auszeit brauchen und dafür wird Weltanschauen so wie bisher besondere Angebote haben.
Wenn ihr heute schon schauen wollt, findet ihr auf www.weltanschauen.at alle unsere Angebote für Sommer und Herbst und darunter auch ein paar neue Reisen. Außerdem haben wir als Ersatz für die abgesagte Pilgerreise nach Assisi im April eine Pilgerwanderung am Jakobsweg im Weinviertel erstellt - eine Reise, die man hoffentlich schon bald wieder antreten kann. Besonders hinweisen möchte ich auch auf die Intensiv-Zeiten mit Ferdinand Kaineder am Friedensweg und am Lechweg.
Weltanschauen-Reisen werden auch durch unsere lokalen PartnerInnen zu besonderen Reisen. Auch diese meist kleinen Familienbetriebe sind jetzt im Krisenmodus und hoffen, dass es nachher weitergeht. Ich denke an Catalin und Diana in Rumänien oder Khatuna in Georgien, an Angelika in Montenegro, Branko in der Slowakei und Labby in Uganda. Und es ist zu befürchten, dass es in diesen wirtschaftlich schwächeren Ländern nicht so schnelle und umfassende Staatshilfen geben wird wie bei uns und ich hoffe und wünsche ihnen, dass sie durchhalten können.
Für alle Reisen gilt: wir wissen heute nicht, ab wann wir wieder Reisen durchführen können. Momentan hoffen wir, dass dies ab Mai wieder möglich sein wird. Wenn dies nicht möglich ist, werden wir Reisen – so wie zuletzt – rechtzeitig absagen und dies unseren Reisenden mitteilen und auf unserer Homepage auch darüber informieren. Bitte schenken Sie uns auch weiterhin Ihr Vertrauen, indem Sie sich für Reisen im Sommer und Herbst anmelden.
Einer, den ich heute noch besonders hervorheben möchte, ist Gusti Glanzer von unserem Reiseveranstalter Worldtour in Graz. Dank seines unermüdlichen Einsatzes sind jetzt alle Weltanschauen-KundInnen wieder gut zurück in Österreich, was in den letzten Tagen wirklich eine große Herausforderung war. Falls Sie also neben Weltanschauen andere Reiseleistungen buchen wollen, insbesondere auch private oder berufliche Flüge, sind Sie bei Ihm bestens aufgehoben und betreut.
Manche von euch haben momentan vielleicht mehr Zeit. Als Lesestoff kann ich einige Bücher übers Reisen empfehlen:
- Ilija Trojanow: Gebrauchsanweisung fürs Reisen. Piper Verlag 2018.
- Dan Kieran: Slow Travel – die Kunst des Reisens (engl. Original: The Idle Traveller – The Art of Slow Travel); Rogner & Bernhard Verlag, Berlin 2013
- Frank Herrmann: FAIRreisen. Ein Handbuch für alle, die umweltbewusst unterwegs sein wollen. ISBN 978-3-86581-808-9, oekom verlag, München 2016
- Andrzej Stasiuk: Unterwegs nach Babadag; Suhrkamp Verlag, Frankfurt, 2005. Geschichten über die vergessenen Winkel Europas.
- Arnon Grünberg: Couchsurfen und andere Schlachten. Reportagen. Diogenes Verlag 2013. Weltanschauen etwas anders. Brillant geschriebene Reportagen über Couchsurfen, auf Brautschau in der Ukraine, bei den UNO Soldaten in Afghanistan oder beim Bruder von Karadzic in Podgorica.
- Uli Burchardt: AUSGEGEIZT! Wertvoll ist besser – das Manufactum-Prinzip. Campus Verlag, Frankfurt, 2012.
- Slimane Kader: Ocean King. Was einer unter Deck erleben kann. Droemer Taschenbuch. München 2015. Unterhaltsamer Roman über das Leben von Wam als Arbeiter auf einem Kreuzfahrtschiff. Französischer Originaltiel: Avec vue sous la mer.
- Nick Thorpe: Die Donau: Eine Reise gegen den Strom. Paul Zsolnay Verlag Wien 2017 (englisches Original 2013). Der in Budapest lebende BBC Journalist nimmt uns mit auf eine Reise donauaufwärts, auf der er Europa neu entdeckt.
Im Standard vom Samstag schreibt Ulrich Brand einen sehr interessanten Beitrag über die „Klimapolitik nach Corona“, den ich auch zur Lektüre empfehle. Ich bin Optimist und hoffe, dass wir tatsächlich fähig sind aus dieser Krise zu lernen und ein Systemwechsel stattfinden wird. Andererseits: aus den letzten Krisen hat die Menschheit leider nichts gelernt. Aber es liegt auch an uns!
Und noch etwas: die Flüchtlingskrise ist nicht beendet, nur weil wir wegen Corona (fast) nichts mehr von ihr mitbekommen. Gerade als Weltanschauende sollten wir auch über die Grenzen und über unseren Tellerrand schauen. Die Situation in Griechenland (das ist bitte in der EU!!!) und in Syrien ist nach wie vor dramatisch. Und nach wie vor sind wir dazu aufgerufen, uns dafür einzusetzen, dass Menschenrechte und das Flüchtlings- und Asylrecht nicht außer Kraft gesetzt oder auch nur angetastet werden. Dazu ein interessanter Beitrag der KSÖ (kath. Sozialakademie): In der Krise größer denken.
Und wer es noch nicht kennt: der Zukunftsforscher Mathias Horx schreibt über „Die Welt nach Corona“. Hoffen wir er hat recht.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen, dass wir diese Krise gut überstehen, sowohl gesundheitlich als auch wirtschaftlich, und dass es danach auch wieder möglich sein wird, sich die Welt anzuschauen.
Alles Liebe und g’sund bleiben!
Christoph Mülleder
Weltanschauen