Heute ist ein Feiertag. Der 40. Tag nach dem Tod des Imam Hussein (der Dritte Imam) und das Ende der 40-tägigen Trauerzeit. Die Straßen sind leer, die Geschäfte geschlossen, die Menschen festlich gekleidet. Wir verlassen Shiraz am Morgen und es geht in einer langen Fahrt nach Yazd. Der Bus ist gemütlich, unser Fahrer Mohsen fährt sehr sicher und gut und Maryam erzählt über ihre bewegte Geschichte und über Frauen im Iran. Wir fahren durch die Wüste und über einen 2500 m hohen Pass. Draußen regnet es und teilweise mischt sich Schnee darunter und es hat nur mehr 6 Grad. In Yazd angekommen ist es wieder sonnig und angenehm warm. Yazd ist eine Stadt mitten in der Wüste, die durch jahrhundertealte technologische Meisterleistungen für das Leben in der Wüste beeindruckt. Es gibt Windtürme, die durch ein ausgeklügeltes System kühle Luft in das Hausinnere bringen und Quanate, unterirdische Kanäle, durch die das kühle Wasser aus den Bergen in die Stadt kommt.
Wir checken für die nächsten 3 Nächte im zentral gelegenen Hotel Khane Dohad ein. Es ist ein traditionelles Haus in typischer Bauweise mit luftigen Innenhöfen und wenigen Öffnungen nach außen. Am Abend machen wir noch einen Spaziergang durch das Gassengewirr der Altstadt, in dem viele Häuser noch bewohnt sind und das zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Von einer Dachterrasse genießen wir einen Blick über die Dächer und zu den beleuchteten Minaretten der Moscheen.
Mittwoch 31.10.2018
Heute strahlt die Sonne wieder von einem klaren blauen Himmel und daran wird sich auch den ganzen Tag nichts ändern. Heute begleitet uns Davood, der uns seine Stadt mit viel Begeisterung und Wissen erklärt. Yazd hat eine lange Geschichte und ist berühmt für seine Lehmarchitektur. Yazd ist das Zentrum der Zoroastrier, eine der ältesten Religionen im Iran, die vor der Islamisierung in Iran Staatsreligion war. Zarathustra hat schon rund 1.700 vor Chr. gelebt und seine Leitsätze – gute Gedanken, gute Worte, gute Taten – gepredigt. Es ist der vermutlich älteste monotheistische Glaube der Menschheitsgeschichte. Aus diesem übernahmen die Juden und somit indirekt auch Christen und Muslime einige ihrer religiösen Vorstellungen. Wir besuchen gemeinsam mit einem zoroastrischen Priester den Feuertempel und die Türme des Schweigens und erfahren bei einem Gespräch mit ihm mehr von dieser interessanten Religion. In den Türmen des Schweigens am Stadtrand wurden bis in die 1960er Jahre die Toten ausgesetzt und dann den Geiern überlassen. Der Feuertempel in der Stadt ist der wichtigste Tempel der im Iran noch 60.000 Mitglieder zählenden Religion und dort brennt auch das älteste Feuer, das seit 1500 Jahren nicht ausgegangen ist.
Mit Davood erkunden wir dann auch noch die Altstadt und haben danach den restlichen Nachmittag und Abend Zeit für eigene Erkundungen. Einige landen auf einem Dachkaffee. Der Blick über die lehmfarbenen Bauten, die prächtigen türkisfarbenen Kuppeln der Moscheen und die Berge im Hintergrund ist beeindruckend, am schönsten leuchten die Farben dann in der Abendstimmung und der Sonnenuntergang ist fantastisch.
Die Konditoreien der Stadt sind auch bekannt für ihre köstlichen Süßigkeiten, die einige von uns auch erstehen.
Donnerstag 1.11.2018
Wir machen heute einen Ausflug. Durch eine grandiose Wüsten- und Gebirgslandschaft fahren wir ins Dorf Kharanaq. Der alte Ort ist seit 20 Jahren nicht mehr bewohnt (die Menschen leben jetzt im neuen Dorf nebenan), viele der alten Lehmbauten sind aber noch erhalten und man kann sie erkunden – ein tolles Erlebnis in wunderbarer Landschaft. Dann fahren wir weiter nach Chakchak, dem für die Zoroastrier bedeutendsten Wallfahrtsort. Der Feuertempel liegt in einer Felshöhle eingerahmt von steilen Bergwänden, zu der 200 Stufen hinaufführen. An fünf Tagen im Juni finden hier Feierlichkeiten statt, zu denen Gläubige aus der ganzen Welt anreisen und an denen nur Zoroastrier teilnehmen dürfen. An den anderen Tagen des Jahres dürfen auch Andersgläubige hinauf- und hineingehen. Anschließend fahren wir nach Meybod, das vor 700 Jahren Hauptstadt des Reiches war und wir besichtigen dort die Zitadelle, das Eishaus und den Taubenturm.
Immer wieder und an jedem Ort werden wir angesprochen und freundlich und unaufdringlich begrüßt und genießen die Herzlichkeit der IranerInnen. Ich habe mich noch selten in einem Land so willkommen gefühlt – von den ganz normalen Leuten auf der Straße.