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Weltanschauen unterwegs in Matera und der Basilikata
27. September bis 6. Oktober 2019

Eine nette Gruppe findet sich am Abend des 26. September 2019 am Linzer Bahnhof zur Welt der Frauen LeserInnenreise nach Matera und in die Basilikata zusammen. Flugscham ist das eine, Zuglust und mit dem Zug nach Süditalien zu fahren das andere. Zuerst geht es mit dem Nachtzug gemütlich nach Venezia Mestre, weiter mit dem Frecciarossa nach Bologna und dann nach Bari. Von der komfortablen Premiumklasse lassen sich die Ausblicke auf das Meer genießen und die ersten Reisebekanntschaften schließen. Gegen 18:00 Uhr kommt der Zug fast pünktlich in Bari an, wo schon Max Pürstl die Gruppe erwartet und zum Bus geleitet. Max ist Tiroler und hat seinen zweiten Wohnsitz in Rotondella in der Basilikata. Wir werden im Laufe der Woche sehen, dass Max ganz viele Menschen in der Region kennt und uns viele interessante Begegnungen vermittelt. Aber zuerst fahren wir einmal nach Matera und genießen das erste Abendessen. Eine Auswahl von Antipasti, zwei verschiedene Sorten Pasta, Secondo und Dolce lassen erahnen, dass in dieser Woche sämtliche Diätvorsätze zum Scheitern verurteilt sind.

Matera ist Europäische Kulturhauptstadt 2019 und Unesco Weltkulturerbe. Den Status des Weltkulturerbes verdankt die Stadt aber nicht dem malerischen Labyrinth der Steinhäuser und Höhlen, sondern dem ausgeklügelten System der Wasserversorgung durch das Sammeln von Regenwasser in großen unterirdischen Zisternen. Matera ist eine sehr malerische Stadt, mit den gut erhaltenen bzw. renovierten Steinhäusern, den alten Kirchen und den pittoresken Höhlen (Sassi) dient sie oft als Filmkulisse. Sogar für den neuesten James Bond Film wurde hier gedreht. Kein Wunder, man kann sich gar nicht satt sehen an den wunderbaren Ausblicken und dem Panorama mit der tiefen Schlucht. In den 1950er Jahren galt Matera noch als nationale Schande, die Wohnverhältnisse in den feuchten Höhlen ohne Licht und fließendes Wasser waren katastrophal, Krankheit und Armut machten den Menschen schwer zu schaffen. Neue Stadtviertel wurden erbaut und die Menschen aus den Sassi abgesiedelt.

Die wirtschaftliche Lage ist auch heute schwierig, der Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle in dieser Region. Auch die Landwirtschaft ist ein bedeutender Wirtschaftszweig. Hohe Arbeitslosigkeit ist vor allem bei jungen Menschen ein Problem. Aber es gibt auch positive Beispiele, wie die Agriristories: Hier haben sich junge Menschen zusammengeschlossen, die in einem Restaurant regionale Produkte von kleinen Betrieben vermarkten und die ursprüngliche und einfache Küche zelebrieren. Bis die Nachspeise serviert ist, ist es dann schon 23:30 Uhr, was für österreichische Gaumen schon ziemlich gewöhnungsbedürftig ist.
In der Murgia Materana auf der anderen Seite der Schlucht gibt es an die 150 Höhlenkirchen, manche mit gut erhaltenen Fresken. Schwer zu sagen, was bei der Wanderung mit Angelo faszinierender ist, diese alten geheimnisvollen Kirchen oder die wunderbaren Ausblicke auf Matera. Auch die lukanischen Dolomiten überraschen mit einzigartigen Ausblicken und hübschen Bergdörfern. Man könnte von Pietrapertosa nach Castelmezzano mit dem Volo dell‘Angelo fliegen, wir bevorzugen unsere eigenen Füße und lassen uns dann das wunderbare Essen im „Al Becco della Civetta“ schmecken, bevor wir noch die Normannenburg erklimmen.

Auf der Fahrt nach Rotondella besuchen wir Aliano. Aliano ist das Synonym für den Ort Gagliano, den Carlo Levi in seinem Roman „Christus kam nur bis Eboli“ beschreibt. Carlo Levi wurde in den 1930er Jahren von den Faschisten nach Aliano verbannt. Er schildert in diesem autobiographischen Roman sehr anschaulich die tristen Verhältnisse und auch in seinen Bildern stellt er das bedrückende Leben der Bauern sehr anschaulich dar. Das kleine Museum und die Pinakothek geben einen interessanten Überblick. Und die Taverna La Contadina Sisina serviert großartiges Essen.

Alte Häuser restaurieren und den Tourismus auch in kleine, abgelegene Orte bringen: Das ist das Konzept von “Albergo Diffuso”. Das ist eine Alternative zum Massentourismus und eine Möglichkeit, Häuser zu erhalten, die durch die Landflucht leer stehen würden. In Rotondella wohnen wir in „Alberghi Diffusi“ im ganzen Ort verteilt. Es spricht sich schnell herum, dass eine Gruppe Österreicher im Ort unterwegs ist und wir werden überall herzlich empfangen. Max liegt die Basilikata am Herzen und seine Begeisterung überträgt sich auch auf uns. Gerade für diese Region ist nachhaltiger Tourismus eine wirtschaftliche Chance und Max ermuntert uns auch zu konstruktiven Rückmeldungen an unsere GastgeberInnen, zB dass wir das Wasser zum Kaffee lieber in einem Glas haben und die vielen Plastikbecher echt nicht notwendig sind.

Giorgio ist unser Führer im größten italienischen Nationalpark Pollino mit Bergen über 2200 m Höhe und er erklärt kundig geologische Besonderheiten, Fauna und Flora. Hier wachsen Panzerkiefern, eine sehr alte Baumart, die es sonst nur noch in Albanien gibt. Eine Wanderung führt uns durch Buchenwälder und eine wunderschöne Schlucht hinauf zur Wallfahrtskirche mit großartigen Ausblicken. Die Marienverehrung spielt hier eine große Rolle. Die Muttergottes wird im Frühling von der Kirche in San Severino Lucano zum Santuario Madonna del Pollino gebracht, wo sie den Sommer verbringt. Diese Prozession ist ein großes Fest, zu dem alljährliche Tausende Menschen kommen. In der Region gibt es auch eine albanische Minderheit, deren Vorfahren im 16. Jahrhundert von den Osmanen geflüchtet sind und die sich Sprache und Bräuche erhalten haben. Ein kleines Museum zeigt unter anderem, wie Stoff aus Ginster produziert wurde. Und die Kirche ist griechisch orthodox, aber seit 1918 mit Rom uniert.
Die Basilikata bietet auf kleiner Fläche fast alles, was den Charme und die Anziehungskraft von Italien ausmacht: schöne Strände, wunderbares Essen, hohe Berge im Nationalpark Pollino und in den lukanischen Dolomiten, malerische Dörfer und herzliche Menschen. Dazu kommen noch geologische Besonderheiten wie die Calanchi von Montalbano Ionico. Maurizio von der Umwelt-NGO Legambiente erklärt uns, wie die Erosion diese Landschaft geformt hat und wir staunen beim Durchwandern, wie vielfältig diese „Mondlandschaft“ ist und wie viele Fossilien hier einfach herumliegen.

Ein großes Thema – nicht nur in Süditalien – ist die Mafia und wie man sie bekämpfen kann. Wir bekommen einen sehr interessanten Einblick von einer ehemaligen Mitarbeiterin der Anti-Mafia-NGO Libera. Erschütternd zu hören, wo die Mafia überall ihre Finger drinnen hat, aber auch ermutigend, wie unerschrockene JournalistInnen unangenehme Wahrheiten aufdecken und MitarbeiterInnen von Libera Netzwerke gegen die Machenschaften der Mafia knüpfen.

In Policoro ist der letzte Urwald am Mittelmeer, ein WWF-Zentrum und ein schöner Strand. Im WWF-Zentrum passen Freiwillige auf die Gelege der Meeresschildkröten auf und Tierärzte operieren Schildkröten, die Plastik verschluckt haben. Wir schauen auch bei Filomena vorbei, einer engagierten Obstbäuerin, wo wir die ersten Mandarinen der Saison verkosten dürfen.

Am Abend gibt es noch eine Überraschung, die Omas bzw. die „Nonne Chef“ zeigen uns, wie man Pasta macht und wir tanzen Tarantella. Ein sehr lustiger letzter Abend in Rotondella.

Am nächsten Morgen bringt uns der Bus nach Salerno, mit dem Frecciarossa düsen wir mit fast 300 Sachen nach Rom und danach gemütlich mit dem Nachtzug nach Österreich. Eine wunderschöne und interessante Reise geht zu Ende, die vor allem Max und seine Frau Claudia mit ihrem Engagement und ihrer Herzlichkeit zu einem besonderen Erlebnis gemacht haben.

von Christa Mülleder