
Schwedens Sozialmodell & Mittsommernacht
Kopenhagen - Stockholm - Schärengarten
Fr 13. Juni bis So 22. Juni 2014
Der schwedische Sozialstaat: alt und neu
Eine Woche vor Midsommer, dem Beginn der schwedischen Ferien, reiste das Sozialreferat der Diözese Linz und Weltanschauen nach Stockholm, um sich vor Ort ein Bild vom schwedischen Sozialstaat zu machen.
Auf dem Weg machten wir für 24 Stunden Zwischenstopp in Kopenhagen, der "Radfahrhauptstadt" Europas, wo mehr als die Hälfte der Bevölkerung mit dem Rad zur Arbeit und in die Schule fahren. Auch wir schwangen uns aufs Rad und entdeckten die Stadt aus einer anderen Perspektive. Hier müsste man noch viele österreichische Verkehrspolitiker herbringen.
Gesundheits-, Schul- und Sozialsystem wurden in Schweden lange Zeit alleine vom Staat organisiert und angeboten. Dieser Bereich wurde für den Markt geöffnet. Non-Profit und For-Profit-Unternehmen sind eingestiegen. Aber es scheint so, als wollten die SchwedInnen nicht wirklich die Idee des „vertraglichen“ Sozialstaates aufgeben und doch an dem über Jahre sehr erfolgreichem Modell festhalten.Neu ist zum Beispiel das sogenannte Schul-Shopping. Die Schule für die Kinder auszuwählen, ist uns in Österreich vertraut. Das ist mit Schul-Shopping nicht gemeint. In Schweden kaufen Anleger Schulen und betreiben sie, um Profit zu machen. Die Betreiber erhalten, wie alle anderen Schulen auch, die entsprechenden gleich hohen Steuermittel. Werden die Profiterwartungen nicht erfüllt, schließen die Investoren die Schule und der Staat muss unmittelbar einspringen, gilt doch die Schulpflicht. Dieses problematische Modell, das es sonst nur noch in Chile gibt, ist derzeit Wahlkampfthema.
Interessant und positiv im Schulwesen ist das Noten- und Fördersystem. "Sitzen bleiben", gibt es in Schweden nicht, und wenn jemand in einem Fach schwach ist (negativ), wird ein Team aus Lehrenden, Schulleitung, Eltern und SchülerIn gebildet, das nach Verbesserungen, Intensivtraining und Lösungen sucht. Niemand käme auf die Idee, Englisch, Geschichte und Schwedisch ein Jahr zu wiederholen und die Klassengemeinschaft zu verlieren, nur weil es in Mathematik Probleme gibt.
Eine Abgeordnete der Sozialdemokraten, also einer Vertreterin der Opposition, führte uns durch den Reichstag und erläuterte die politische Situation und die vorrangigen Wahlkampfthemen, da im September gewählt wird. Eines der zentralen Themen dieser Partei sind die Nachteile der Liberalisierung des Wohlfahrtsstaates. Das schwedische Modell ist steuerfinanziert und beruht nicht auf einem Versicherungssystem wie bei uns. Vor der Öffnung der Wohlfahrt für den Markt und auch heute noch wurde der Sozialstaat - beginnend mit den 1920er Jahren - als gesamtgesellschaftliche Vereinbarung gesehen und gelebt - sozusagen ein Vertrag aller SchwedInnen miteinander. Staatliche Organisationen traten als alleiniger Anbieter auf. Das hat grundsätzlich gut funktioniert und wird auch heute großteils noch erfolgreich so gemacht.
Die Gemeinden haben für die Wohlfahrt zu sorgen. Sie sind verpflichtet mit den zugeteilten Steuermitteln auszukommen und positiv zu bilanzieren. Seit den 90er Jahren setzte man auf Marktöffnung. Ein Ziel dabei ist, den BürgerInnen mehr Wahlfreiheit zu bieten. Non-Profit-Organisationen und profitorientierte Unternehmen stiegen in den „neuen“ Markt ein. For-Profit-orientierten Unternehmen betreiben Sozialeinrichtungen, Schule oder Krankenhäuser nur so lange, bis sie mit Gewinn wieder verkauft werden können. Das geht am Ziel eines gesicherten Daseins vorbei. Das schlagartige Ende eines Angbotes stellt die zuständigen Behörden vor große Herausforderungen, denn diese müssen dann einspringen, wie es auch im ursprünglichen Modell war und dort erfolgreich praktiziert wurde.
Beeindruckend ist auch das enorme Engagement zur Arbeitsintegration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen. In Västeras stellte eine Mitarbeiterin der Stadtgemeinde verschiedene Projekte. Dort wurde zum Beispiel ein Projekt für Jugendliche entwickelt. Das Schulungsprogramm wird auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse des oder der Einzelnen abgestimmt, damit sie in den Arbeitsprozess einsteigen kann. Die Stadtgemeinde hat sich verpflichtet selbst die meisten dieser Jugendlichen aufzunehmen.
Auch Non-Profit-Organisationen haben erst eine kurze Geschichte und machen auch nur einen sehr geringen Teil des Sozialstaates aus. Diese teilweise kleinen und auch sehr wenigen Organisationen im Vergleich zu Österreich haben nun eine Dachorganisation gebildet, um besser mit den staatlichen Stellen verhandeln. 80% der Leistungen im Sozial- und Gesundheitswesen werden direkt von stattlichen Einrichtungen erbracht, 15% von NGOs und 5% von profitorientierten Unternehmen.
Auch die Schwedische Kirche hatte lange Zeit keine Sozialeinrichtungen. In Västeras wurde uns von Kirchenvertreterinnen die „Palette“ vorgestellt. In dem von einem gemeinnützigen Bauunternehmen errichteten Gebäude gibt es Angebote für Jung und Alt von verschiedensten Trägerorganisationen. Auch die Schwedische Kirche hat sich dort eingemietet. Es gibt eine kleine Kapelle und im Eingangsbereich wird ein Café mit moderaten Preisen von der Kirche betrieben. Dieses hat sich wunschgemäß inzwischen zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt, denn in diesem Stadtteil leben Menschen aus verschiedensten Kulturen. In der Palette können sie einander kennenlernen und miteinander vertraut werden. Die Angebote sind auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten und völlig neu für die Kirche, wie die Diakonin betonte, gehörte das bisher nicht zum kirchlichen Aufgabenfeld.
In einem anderen Projekt in Västeras, der Stadtmission, werden Obdachlose und Flüchtlinge betreut. Wobei die Zuständigkeit und die zur Verfügung gestellten Steuermittel eigentlich nur für die Obdachlosen gedacht sind. Recht auf Sozialleistungen haben alle SchwedInnen und Menschen, die in Schweden arbeiten bzw. gearbeitet haben. Ein Sozialarbeiter der Stadtmission berichtete, dass es immer mehr Obdachlose gibt. Die Zahl der Schlafplätze steht aber in keinem Verhältnis zum Bedarf. Nachts gibt es kaum welche und tagsüber können sich auch nur wenige Obdachlose in Räumen der Stadtmission ausruhen. Menschen, die aus anderen Ländern nach Schweden kommen, unter ihnen viele Rumänen und Rumäninnen, haben keinen Anspruch dort unterzukommen. Sie nächtigen oft in Autos und versuchen durch Betteln – ein, wie uns die befragten SchwedInnen versicherten, völlig neues Phänomen - ihre Auskommen zu finden. Sie haben oft keine andere Wahl. Denn in der Hoffnung das nötige Geld für ein besseres Leben zu erwirtschaften, haben sie sich verschuldet, um überhaupt nach Schweden zu kommen. Da die Arbeitslosenrate bei 8 % liegt, haben ungelernte Arbeitskräfte kaum eine Chance. Gesucht sind FacharbeiterInnen, die auch aktiv - zum Beispiel in Portugal - angeworben werden.
Ein weiteres in Österreich viel diskutiertes Thema wurde besprochen- die Pflege älterer Menschen. Das Bestreben in Schweden ist auch, dass sie möglichst lange selbständig leben können. Werden sie zu Hause gepflegt, bieten viele verschiedene Unternehmen – bis zu 90 - die benötigten Leistungen an. Es gibt jedoch keine gesicherten Vergleichsmöglichkeiten zwischen den unterschiedlichen Anbietern, was die Entscheidung nicht gerade leicht macht. Diese Änderung führt auch dazu, dass nicht mehr alle die gleiche Leistung erhalten, sondern dass die Qualität der Versorgung zunehmend mehr von den eigenen finanziellen Möglichkeiten abhängt.
Orientieren sich unsere Sozialleistungen stark an Familienstrukturen, so war das schwedische Modell auf den oder die Einzelne ausgerichtet. Es gab und gibt auch weitgehend immer noch den Grundkonsens über Solidarität. Mit dem Wandel im System wird das über lange Jahre gewachsene Vertrauen, dass der Staat mit den eingehobenen Steuermitteln für ein gesichertes Leben sorgt, ausgehöhlt. Die Befürchtung ist, dass es dann auch in Schweden zu sozialen Unruhen kommen könnte. Aber die negativen Erfahrungen mit den profitorientierten Unternehmen, die bisher 4 - 5 % der Leistungen anbieten, lassen bereits Zweifel an dem neuen Weg aufkommen.
Wir haben nicht nur die Tiefen und Untiefen des Sozialstaates ausgelotet, sondern auch das kulturelle Angebot in Schweden genützt. Die „Vasa“, ein im 17. Jahrhundert schon beim Auslaufen gesunkenes Kriegsschiff, wurde im letzten Jahrhundert beinahe vollständig wieder gehoben und ist nun in einem Museum zu besichtigen. Und natürlich haben wir auch Midsommer gefeiert, eines der größten alljährlichen Feste. Und auch für eine Fahrt hinaus in die Wunderwelt der Schären war Zeit.
Auf der kurzweiligen Zugfahrt zurück nach Linz war Zeit die Eindrücke zu diskutieren, den Schlaf nachzuholen und sich auf der Fähre, auf die der Zug auffährt, den Wind um die Ohren brausen zu lassen, denn die Tage sind wirklich lang und wir haben das genossen.
Lucia Göbesberger
Kopenhagen - Stockholm - Schärengarten
Fr 13. Juni bis So 22. Juni 2014
Der schwedische Sozialstaat: alt und neu
Eine Woche vor Midsommer, dem Beginn der schwedischen Ferien, reiste das Sozialreferat der Diözese Linz und Weltanschauen nach Stockholm, um sich vor Ort ein Bild vom schwedischen Sozialstaat zu machen.
Auf dem Weg machten wir für 24 Stunden Zwischenstopp in Kopenhagen, der "Radfahrhauptstadt" Europas, wo mehr als die Hälfte der Bevölkerung mit dem Rad zur Arbeit und in die Schule fahren. Auch wir schwangen uns aufs Rad und entdeckten die Stadt aus einer anderen Perspektive. Hier müsste man noch viele österreichische Verkehrspolitiker herbringen.
Gesundheits-, Schul- und Sozialsystem wurden in Schweden lange Zeit alleine vom Staat organisiert und angeboten. Dieser Bereich wurde für den Markt geöffnet. Non-Profit und For-Profit-Unternehmen sind eingestiegen. Aber es scheint so, als wollten die SchwedInnen nicht wirklich die Idee des „vertraglichen“ Sozialstaates aufgeben und doch an dem über Jahre sehr erfolgreichem Modell festhalten.Neu ist zum Beispiel das sogenannte Schul-Shopping. Die Schule für die Kinder auszuwählen, ist uns in Österreich vertraut. Das ist mit Schul-Shopping nicht gemeint. In Schweden kaufen Anleger Schulen und betreiben sie, um Profit zu machen. Die Betreiber erhalten, wie alle anderen Schulen auch, die entsprechenden gleich hohen Steuermittel. Werden die Profiterwartungen nicht erfüllt, schließen die Investoren die Schule und der Staat muss unmittelbar einspringen, gilt doch die Schulpflicht. Dieses problematische Modell, das es sonst nur noch in Chile gibt, ist derzeit Wahlkampfthema.
Interessant und positiv im Schulwesen ist das Noten- und Fördersystem. "Sitzen bleiben", gibt es in Schweden nicht, und wenn jemand in einem Fach schwach ist (negativ), wird ein Team aus Lehrenden, Schulleitung, Eltern und SchülerIn gebildet, das nach Verbesserungen, Intensivtraining und Lösungen sucht. Niemand käme auf die Idee, Englisch, Geschichte und Schwedisch ein Jahr zu wiederholen und die Klassengemeinschaft zu verlieren, nur weil es in Mathematik Probleme gibt.
Eine Abgeordnete der Sozialdemokraten, also einer Vertreterin der Opposition, führte uns durch den Reichstag und erläuterte die politische Situation und die vorrangigen Wahlkampfthemen, da im September gewählt wird. Eines der zentralen Themen dieser Partei sind die Nachteile der Liberalisierung des Wohlfahrtsstaates. Das schwedische Modell ist steuerfinanziert und beruht nicht auf einem Versicherungssystem wie bei uns. Vor der Öffnung der Wohlfahrt für den Markt und auch heute noch wurde der Sozialstaat - beginnend mit den 1920er Jahren - als gesamtgesellschaftliche Vereinbarung gesehen und gelebt - sozusagen ein Vertrag aller SchwedInnen miteinander. Staatliche Organisationen traten als alleiniger Anbieter auf. Das hat grundsätzlich gut funktioniert und wird auch heute großteils noch erfolgreich so gemacht.
Die Gemeinden haben für die Wohlfahrt zu sorgen. Sie sind verpflichtet mit den zugeteilten Steuermitteln auszukommen und positiv zu bilanzieren. Seit den 90er Jahren setzte man auf Marktöffnung. Ein Ziel dabei ist, den BürgerInnen mehr Wahlfreiheit zu bieten. Non-Profit-Organisationen und profitorientierte Unternehmen stiegen in den „neuen“ Markt ein. For-Profit-orientierten Unternehmen betreiben Sozialeinrichtungen, Schule oder Krankenhäuser nur so lange, bis sie mit Gewinn wieder verkauft werden können. Das geht am Ziel eines gesicherten Daseins vorbei. Das schlagartige Ende eines Angbotes stellt die zuständigen Behörden vor große Herausforderungen, denn diese müssen dann einspringen, wie es auch im ursprünglichen Modell war und dort erfolgreich praktiziert wurde.
Beeindruckend ist auch das enorme Engagement zur Arbeitsintegration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen. In Västeras stellte eine Mitarbeiterin der Stadtgemeinde verschiedene Projekte. Dort wurde zum Beispiel ein Projekt für Jugendliche entwickelt. Das Schulungsprogramm wird auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse des oder der Einzelnen abgestimmt, damit sie in den Arbeitsprozess einsteigen kann. Die Stadtgemeinde hat sich verpflichtet selbst die meisten dieser Jugendlichen aufzunehmen.
Auch Non-Profit-Organisationen haben erst eine kurze Geschichte und machen auch nur einen sehr geringen Teil des Sozialstaates aus. Diese teilweise kleinen und auch sehr wenigen Organisationen im Vergleich zu Österreich haben nun eine Dachorganisation gebildet, um besser mit den staatlichen Stellen verhandeln. 80% der Leistungen im Sozial- und Gesundheitswesen werden direkt von stattlichen Einrichtungen erbracht, 15% von NGOs und 5% von profitorientierten Unternehmen.
Auch die Schwedische Kirche hatte lange Zeit keine Sozialeinrichtungen. In Västeras wurde uns von Kirchenvertreterinnen die „Palette“ vorgestellt. In dem von einem gemeinnützigen Bauunternehmen errichteten Gebäude gibt es Angebote für Jung und Alt von verschiedensten Trägerorganisationen. Auch die Schwedische Kirche hat sich dort eingemietet. Es gibt eine kleine Kapelle und im Eingangsbereich wird ein Café mit moderaten Preisen von der Kirche betrieben. Dieses hat sich wunschgemäß inzwischen zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt, denn in diesem Stadtteil leben Menschen aus verschiedensten Kulturen. In der Palette können sie einander kennenlernen und miteinander vertraut werden. Die Angebote sind auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten und völlig neu für die Kirche, wie die Diakonin betonte, gehörte das bisher nicht zum kirchlichen Aufgabenfeld.
In einem anderen Projekt in Västeras, der Stadtmission, werden Obdachlose und Flüchtlinge betreut. Wobei die Zuständigkeit und die zur Verfügung gestellten Steuermittel eigentlich nur für die Obdachlosen gedacht sind. Recht auf Sozialleistungen haben alle SchwedInnen und Menschen, die in Schweden arbeiten bzw. gearbeitet haben. Ein Sozialarbeiter der Stadtmission berichtete, dass es immer mehr Obdachlose gibt. Die Zahl der Schlafplätze steht aber in keinem Verhältnis zum Bedarf. Nachts gibt es kaum welche und tagsüber können sich auch nur wenige Obdachlose in Räumen der Stadtmission ausruhen. Menschen, die aus anderen Ländern nach Schweden kommen, unter ihnen viele Rumänen und Rumäninnen, haben keinen Anspruch dort unterzukommen. Sie nächtigen oft in Autos und versuchen durch Betteln – ein, wie uns die befragten SchwedInnen versicherten, völlig neues Phänomen - ihre Auskommen zu finden. Sie haben oft keine andere Wahl. Denn in der Hoffnung das nötige Geld für ein besseres Leben zu erwirtschaften, haben sie sich verschuldet, um überhaupt nach Schweden zu kommen. Da die Arbeitslosenrate bei 8 % liegt, haben ungelernte Arbeitskräfte kaum eine Chance. Gesucht sind FacharbeiterInnen, die auch aktiv - zum Beispiel in Portugal - angeworben werden.
Ein weiteres in Österreich viel diskutiertes Thema wurde besprochen- die Pflege älterer Menschen. Das Bestreben in Schweden ist auch, dass sie möglichst lange selbständig leben können. Werden sie zu Hause gepflegt, bieten viele verschiedene Unternehmen – bis zu 90 - die benötigten Leistungen an. Es gibt jedoch keine gesicherten Vergleichsmöglichkeiten zwischen den unterschiedlichen Anbietern, was die Entscheidung nicht gerade leicht macht. Diese Änderung führt auch dazu, dass nicht mehr alle die gleiche Leistung erhalten, sondern dass die Qualität der Versorgung zunehmend mehr von den eigenen finanziellen Möglichkeiten abhängt.
Orientieren sich unsere Sozialleistungen stark an Familienstrukturen, so war das schwedische Modell auf den oder die Einzelne ausgerichtet. Es gab und gibt auch weitgehend immer noch den Grundkonsens über Solidarität. Mit dem Wandel im System wird das über lange Jahre gewachsene Vertrauen, dass der Staat mit den eingehobenen Steuermitteln für ein gesichertes Leben sorgt, ausgehöhlt. Die Befürchtung ist, dass es dann auch in Schweden zu sozialen Unruhen kommen könnte. Aber die negativen Erfahrungen mit den profitorientierten Unternehmen, die bisher 4 - 5 % der Leistungen anbieten, lassen bereits Zweifel an dem neuen Weg aufkommen.
Wir haben nicht nur die Tiefen und Untiefen des Sozialstaates ausgelotet, sondern auch das kulturelle Angebot in Schweden genützt. Die „Vasa“, ein im 17. Jahrhundert schon beim Auslaufen gesunkenes Kriegsschiff, wurde im letzten Jahrhundert beinahe vollständig wieder gehoben und ist nun in einem Museum zu besichtigen. Und natürlich haben wir auch Midsommer gefeiert, eines der größten alljährlichen Feste. Und auch für eine Fahrt hinaus in die Wunderwelt der Schären war Zeit.
Auf der kurzweiligen Zugfahrt zurück nach Linz war Zeit die Eindrücke zu diskutieren, den Schlaf nachzuholen und sich auf der Fähre, auf die der Zug auffährt, den Wind um die Ohren brausen zu lassen, denn die Tage sind wirklich lang und wir haben das genossen.
Lucia Göbesberger