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Pilger Interview mit Ferdinand Kaineder

Interview zum Pilgerweg Via Porta - Weitgehen am grünen Band Europas

Zur Reise kann man sich hier anmelden: Weitgehen am grünen Band

  • Was ist das Besondere an der Via Porta?

Er ist als ökumenischer Pilgerweg zwischen dem Gründungskloster Volkenroda, heute ein evangelisches Kloster, und der Zisterzienserinnenabtei Waldsassen konzipert. Er führt auf weiten Strecken am berühmten Rennsteig, der zur Zeit des eisernen Vorhanges in der Sperrzone lag. Tausende Wanderer haben nach der Öffnung den Rennsteig als Freiheitsweg begangen. Der Weg kommt an Gedenkorten vorbei. In der wunderschönen Gegend trifft man auf unterschiedlichste Geologien und kleine Grenzdörfer, die in der Sperrzeit einen Stillstand erlebt haben. Wunderschöne spirituell geprägte Orte und Strecken warten auf den Pilger, die Pilgerin.


  • Sie sind mit WELTANSCHAUEN-Gruppen schon häufig dort gepilgert. Erleben Sie den Weg jedes Mal ein bisschen anders?

Ich bin den Weg 2012 erstmals alleine gegangen und gleich darauf mit einer WELTANSCHAUEN-Gruppe. Zwischendurch war ich auf Abschnitten unterwegs. Spannend wird, wie sich die Dörfer und die Menschen in den letzten zehn Jahren "weiterentwickelt" haben. Nicht immer ist das Neue sozial-ökologisch-spirituell im Sinne von Laudato si ein Fortschritt. Wir werden sehen.

  • Welche Besonderheit verbirgt sich hinter dem Stichwort „Grünes Band“?

Das Gründe Band erstreckt sich etwa 12.000 km von Norden nach Süden durch Europa am ehemaligen Eisernen Vorhang. Dieses Band zeichnet sich durch eine unglaubliche Diversität und Unberührtheit aus, weil dieses Band Sperrzone war. Die Natur hat sich dort als Natur entwickeln können.

  • Pilgern adressiert ja ganz unterschiedliche Aspekte – das Gehen an sich, aber auch die Begegnung mit sich selbst und anderen. Wie erleben Sie diese Aspekte?

Das Pilgern im Gehen hat für mich immer drei Lebensebenen, die quasi dynamisiert werden. Der Körper wird herausgefordert, die mentale Kraft entwickelt sich und die spirituellen Räume in und um mich gehen auf. Immer erlebe ich das Pilgern als eine Öffnung, ich werde geöffnet. Als Gruppe erlebt man dann auch die tragenden Gruppendynamiken, den Zusammenhalt, die gegenseitige Hilfe und Wertschätzung. Kleine Rituale bringen das nochmals zum Ausdruck, was uns miteinander und mit dem Geheimnis des Lebens - andere sagen Gott - verbindet.

  • Was raten Sie absoluten Pilger-Neulingen?

Wer gehfähig ist, einfach losgehen. Die Kraft kommt im Gehen und wenn Schmerzen auftauchen, dann ver-gehen sie. Gehen ist heilsam. Und wenn es nicht klappt, dann einfach aufhören. Also: Nur Mut, los geht's. Und nicht vergessen, den Rucksack möglichst leicht zu packen. Gehen und Bleiben beim Einpacken unterscheiden und am Weg immer getrennt halten. Das heißt beispielsweise ein Tshirt für das Gehen und ein anderes für das Bleiben. Mehr nicht. Man braucht viel weniger als wir glauben. Hier eine kleine Anleitung: https://www.kaineder.at/wordpress/was-und-wie-viel-gehort-in-einen-rucksack/

  • Warum ist Pilgern mehr als Gehen?

Pilgern ist nicht mehr, sondern ähnlich und doch anders. Beim Pilgern machen wir uns die spirituelle Dimension unseres Lebens mehr bewusst, rechnen damit. Das Leben kommt uns entgegen, ist eine zugrundliegende Sichtweise, die Loslassen und Vertrauen schürt. Vielleicht geht Pilgern tiefer und weiter. Ich habe auch schon viele Geher getroffen, die eigentlich als Pilger unterwegs waren. Und umgekehrt. Hauptsache gehen.

Interview mit Ferdinand Kaineder für Welt der Frauen am 21.6.23


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