WELTANSCHAUEN - einfach reisen zu Land und Leuten
Heute haben wir eine lange Autofahrt vor uns. 370 Kilometer Richtung Süden. Wir durchqueren den Murchison Falls Nationalpark, sehen noch die letzten Elefanten und Giraffen und fahren noch einmal über den Nil, später sehen wir in der Ferne auch den Lake Albert. Die Menschen tragen heute am Sonntag schöne bunte Gewänder und immer wieder tragen sie verschiedene Waren am Kopf. In den Dörfern herrscht reges Treiben, frisches Obst und andere Produkte werden verkauft. Unsere Mittagspause mit dem „packed lunch“ von unserer Lodge machen wir unter einem Baum. Seit langem sind wir hier mal wieder eine Attraktion, eine Gruppe Menschen kommt zu uns, fotografiert uns und sieht uns zu. Wir fühlen uns ein bisschen wie die Tiere, die wir im Nationalpark beobachtet haben. In den fast acht Stunden im Auto verändert sich die Landschaft enorm. Vor dem Fenster wird es immer grüner und hügeliger, es wachsen Bananen und später sogar Tee, es wird auch immer kühler draußen. In der Ferne sieht man im Dunst die Silhouette des Ruwenzori-Gebirges mit dem höchsten Gipfel Ugandas als auch des Kongo (Margerita Peak, 5109 m). Die Umgebung ähnelt immer mehr einem Dschungel und zu genau dem sind wir auch unterwegs. Unser Ziel ist der Kibale Forest National Park, durch den wir dann auch schon ein Stück fahren. Affen - meist Paviane - sitzen von den Autos unbeirrt auf der Straße, links und rechts ist dichter Wald. Schließlich erreichen wir das Kibale Forest Camp, wo unsere Zimmer wieder Haus-Zelte sind, die verteilt in einer schönen Anlage mitten im Dschungel liegen. Von der Terrasse unseres Zeltes kann man die Affen in den Bäumen beobachten, bei einer kurzen Erkundungsrunde sehen wir Riesenschnecken. Das Abendessen ist wieder ein westliches Vier-Gänge-Menü und in der Nacht hören wir dem (erstaunlich lauten) Dschungel vor den Zelten zu und brauchen tatsächlich eine Decke.
Heute treffen wir unsere nächsten Verwandten: die Schimpansen, mit denen wir 98% unserer DNA teilen. Dafür müssen wir (wie so oft) früh aufbrechen. Bei der Parkzentrale haben sich schon zahlreiche Tourist:innen versammelt (einige kennen wir schon aus dem letzten Nationalpark). Nach einem kurzen Briefing geht unser Ranger Jesper nur mit uns sieben los durch den Dschungel. Mit Gummistiefeln und einer Waffe geht er vorne, hinten geht ein zweiter bewaffneter Mann. Bald nachdem wir losgegangen sind, deutet er uns, dass wir stehenbleiben müssen: wir hören Äste abbrechen und raschelndes Gebüsch: ein Elefant ist in der Nähe. Wir können ihn aus der Entfernung beobachten und vor allem hören, manchmal müssen wir ein paar Schritte zurückgehen. Doch dann entdeckt uns der Elefant und wir müssen schnell zurückgehen. Am Elefanten kommen wir nicht vorbei, also müssen wir einen anderen Weg nehmen. Manchmal gehen wir auf kleinen Pfaden, dann wieder mehr durchs Gestrüpp durch eine wunderschöne Urwaldlandschaft mit teilweise riesigen Bäumen.
Nach ungefähr 1 h und 15 min haben wir (und einige andere Touri-Gruppen) endlich die Schimpansen gefunden. Sie sitzen auf den Bäumen und naschen genüsslich an den Feigen. Immer wieder fallen die Schalen herunter, es kommt auch vor, dass ein Schimpanse vom Baum herunter pinkelt. Nach dem Essen bauen sie sich ein Nest und rasten, manche legen sich auch einfach auf dem Rücken auf einen Ast. Und dann begeben sich sogar einige Tiere auf den Boden und wir folgen ihnen ein Stück weit, bevor sie sich leichtfüßig wieder auf die Bäume schwingen. Die Schimpansen scheint es nicht zu stören, dass so viele Menschen da sind und es ist interessant, sie zu beobachten. Vieles an ihnen ähnelt uns Menschen sehr. Insgesamt verbringen wir fast zwei Stunden bei den Schimpansen (anstatt der vorgesehenen Stunde), dann holt uns Ismail ab und wir bekommen alle noch eine Urkunde.
Am Nachmittag fahren wir noch ins nahegelegene Dorf Bigodi, wo die Bevölkerung ein Tourismusprojekt zur Unterstützung der Dorfgemeinschaft gestartet hat. Ein Guide besucht drei Stationen mit uns, zuerst gehen wir aber über den Sportplatz und alle Kindern wollen ein High Five. Die erste Station sind Frauen, die aus Papyrus Körbe und Untersetzer flechten. Sie zeigen uns, wie sie aus verschiedenen Früchten in einem Topf auf offenem Feuer Farben herstellen und wir dürfen auch das Flechten versuchen und natürlich die Produkte kaufen. Außerdem singen und tanzen sie für uns (wir werden seit langem wieder einmal mit „welcome visitors“ begrüßt). Als nächstes gehen wir zu einem Medizinmann. Er sitzt in einer kleinen Hütte, vor ihm liegen Pflanzen und ein paar Tierschädel. Er erklärt uns, für was er die Pflanzen verwendet, davor rasselt er immer. Mit dem Schimpansenschädel kann man zum Beispiel seine Nachbar:innen zum Wegziehen bewegen, eine andere Pflanze hilft gegen Kopfschmerzen, Nüsse ziehen das Gift nach einem Schlangenbiss aus dem Körper. Gegen Krebs, Ebola oder Corona kann er aber nichts machen.
Als Letztes besuchen wir eine Kaffeebäuerin. Begleitet von einem Lied stampft sie die Kaffeebohnen, um sie zu schälen (auch wir dürfen das versuchen), dann röstet sie sie über einem kleinen Feuer, mahlt sie und siebt sie. Schließlich gießt sie die gemahlenen Bohnen mit Wasser auf und wir dürfen den frischen Kaffee probieren. Er schmeckt vorzüglich. Nach der Tour spazieren wir noch durchs Dorf. Beim Dorfbrunnen versammeln sich viele und holen mit Kanistern Wasser nach Hause. Man merkt, dass es den Menschen hier deutlich besser geht als in Karamoja zu Beginn unserer Reise. Und alle Menschen sind freundlich und man fühlt sich immer willkommen.
Morgen geht es schon um 6:30 Uhr weiter ganz in den Süden Ugandas nach Kisoro, wo wir dann hoffentlich die Berggorillas sehen werden. Und am Weg machen wir Halt bei einer Fairtrade-Kooperative, deren Kaffee man in den österreichischen Weltläden kaufen kann.