WELTANSCHAUEN - einfach reisen zu Land und Leuten
Heute brechen wir schon um sechs Uhr morgens auf, denn um zur Einstiegsstelle unseres Gorilla-Trekkings zu gelangen, müssen wir erst knapp zwei Stunden auf einer sehr schlechten und daher sehr rumpeligen und oft schlammigen Bergstraße nach Rushaga fahren. Unglaublich wie weit hinauf hier die Menschen wohnen und die steilen Hänge bewirtschaftet werden.
In Rushaga im Besucherzentrum angekommen, werden wir zuerst vom Ranger gebrieft und über die Verhaltensregeln aufgeklärt. Insgesamt sind hier 8 habituierte Gorillafamilien, die jeweils in Gruppen von höchstens 8 Menschen besucht werden dürfen. 1063 Berggorillas leben in Uganda, Ruanda und Kongo, alleine in Uganda sind es 459. Weltweit ist es die einzige Region, in der diese wunderschönen Tiere noch leben und durch den strengen Schutz werden sie auch wieder mehr. Eine dieser Familien wollen wir heute sehen. Um die Familien aufzuspüren, brechen schon früh morgens Tracker auf, die dann die Ranger über den Standort der Tiere informieren.
Gemeinsam mit einem Nationalpark-Ranger und zwei bewaffneten Männern (als Schutz gegen die Elefanten) brechen wir in den dichten Bwindi Impenetrable Forest Nationalpark auf. Unsere Rucksäcke werden von Träger:innen aus dem Dorf getragen, die uns allen einen Wanderstock geben und bei schwierigeren Stellen die Hand reichen. Das dadurch verdiente Geld (mindestens 20 Dollar bekommt ein Träger) wird dann unter der Dorfgemeinschaft aufgeteilt. Wir beginnen unsere Wanderung steil bergauf in den Urwald und wir haben Glück, denn unsere Gorillafamilie ist nicht weit weg, nach ungefähr 1,5 Stunden heißt es: Maske aufsetzen, denn wir haben sie gefunden.
Ganz nah vor uns sitzt der große Silberrücken, der Anführer der Gruppe, und isst genüsslich Blätter. Daneben spielen jüngere, auch einige Weibchen lassen sich blicken. Die Gorillas lassen sich nicht von uns stören, sie wurden an die Menschen gewöhnt (das dauert 3-4 Jahre). Als der Silberrücken weiterwandert, wandern wir mit, unser Guide hackt uns den Weg mit seiner Machete frei. Auch die Wanderung durch den undurchdringlichen Dschungel und Urwald ist alleine schon ein wunderschönes Erlebnis. Insgesamt dürfen wir diese beeindruckenden Tiere eine Stunde beobachten, sie wirken meistens friedlich – hin und wieder knurrt der große Silberrücken und wir bekommen gleich wieder großen Respekt vor diesen bedrohten Tieren. Der Ranger erklärt uns aber, dass er nur mit seiner im Wald verstreuten Familien kommuniziert und wir uns keine Sorgen machen brauchen.
Nachdem wir zurückgekehrt sind, bekommen wir alle noch eine Urkunde und machen uns dann auf den rumpeligen aber jetzt bei Tageslicht wunderschönen Weg zurück nach Kisoro. Weil wir die Gorillas so schnell gefunden haben, bleibt am Nachmittag Zeit, um im gemütlichen Innenhof des Hotels zu verweilen und auch noch in eine Bar in der Stadt zu gehen. Natürlich drehen sich beim Betreten alle nach uns Muzungus um. Wir setzen uns nach draußen, beobachten das Treiben auf der Straße und hören der Musik aus der Bar zu, wo schon zu tanzen begonnen wird. Auch der Fleischspieß von einem Straßengriller wird gekostet, das richtige Abendessen gibt es dann aber im Hotel. Heute ist schon unser letzter Abend in Uganda und morgen machen wir uns dann auf in die Hauptstadt Ruandas, nach Kigali, von wo wir dann nach Hause fliegen werden.
Heute verlassen wir Uganda, schon nach kurzer Fahrt sind wir auf der Grenze zu Ruanda. Wir sind froh, dass wir Ismail dabeihaben, ohne ihn wären wir hier ziemlich verloren. Er schleust uns an einer langen Schlange vorbei und wir können direkt zu Fuß über die Grenze. Bei der Ausreise aus Uganda werden unsere Fingerabdrücke und Fotos genommen, bei der Einreise in Ruanda müssen wir alle erzählen, was wir dort vorhaben. Nachdem wir alle die nötigen Stempel in den Pass bekommen haben, wird unser Gepäck noch durchleuchtet und dann dürfen wir weiterfahren – wieder auf der für uns gewohnten rechten Seite.
Wir merken sofort, dass es anders ist in Ruanda. Alles wirkt sauberer und geordneter als in Uganda, die Straße ist wirklich gut. Es gibt ständig Radars, deshalb fährt Ismail (dessen Tacho kaputt ist) vorsichtiger, zum Telefonieren fährt er sogar an den Rand und vorne muss man sich anschnallen. Auch alle Mopedfahrer:innen tragen hier Sturzhelme wie bei uns. Neben der Straße liegt kein Müll, alles wirkt richtig aufgeräumt. Ruanda wird auch die Schweiz Afrikas genannt, denn es ist ziemlich hügelig. Die Fahrt nach Kigali ist landschaftlich sehr schön, überall sind grüne Hügel und dann sehen wir auch schon Kigali von oben.
Die Stadt liegt zwischen den Hügeln und erstreckt sich auch auf sie hinauf. Kigali ist zwar trubelig und voller Leben, aber dennoch sauber und geordnet – ganz anders als Kampala. Wir fahren zum Genocide Memorial, wo dem Völkermord an den Tutsi 1994 gedacht wird. Mehr als 1 Million Tutsi wurden von den Hutu ermordet, 250.000 davon sind hier bestattet. Die ethnischen Gruppen der Tutsi, Hutu und Twa wurden erst von der belgischen Kolonialherrschaft „geschaffen“, der Konflikt zwischen ihnen spitzte sich immer mehr zu und führte schließlich zum genau geplanten und vorbereiteten Genozid, bei dem die internationale Gemeinschaft zusah und Frankreich knapp vorher sogar Waffen lieferte (warum kann man Waffenproduktion nicht einfach verbieten?). Die Fakten und die Geschichten, die wir im Memorial erfahren, sind bedrückend und kaum fassbar und uns kommen einige Male die Tränen über diese unvorstellbaren Gräueltaten an unschuldigen Menschen.
Dann lassen wir diesen dunklen Teil der Geschichte Ruandas hinter uns (Filmtipp: Hotel Ruanda) und fahren zu einer Frauen NGO, die sich gegen geschlechtsbasierte Gewalt, Diskriminierung und Ungleichheit einsetzt. Sie bietet Kurse für Frauen an, damit diese eigenständiger leben können. Außerdem macht die NGO Führungen und Workshops für Tourist:innen. In einem Shop werden handgefertigte Stücke verkauft, die Näherinnen sitzen nebenan und wir kaufen alle noch ein. Um die Zeit bis zu unserem Flug zu überbrücken, fahren wir zum Abschluss ins Milles Collines Hotel, das in der Zeit des Genozides das UNO-Hauptquartier war. Es ist eines der besten Hotels der Stadt und wir kommen uns ein bisschen fehl am Platz vor. Aber wir genießen hier ein sehr gutes letztes Abendessen und in unserem einen gemeinsamen Zimmer mit Blick auf die Stadt können wir uns noch frisch für die weite Reise zurück nach Hause machen. Knapp vor Mitternacht verlassen wir das Hotel Richtung Flughafen. Unser Flug nach Istanbul geht um 2:50 Uhr und hoffentlich kommen wir dann wie geplant morgen um 18 Uhr in Wien an. Kigali und Ruanda würden jedenfalls zu einem eigenen längeren Aufenthalt einladen. Vielleicht kommen wir ja wieder….es war eine großartige erlebnisreiche Reise, bei der wir auch viel gelernt haben und viele besondere Menschen getroffen haben.