WELTANSCHAUEN - einfach reisen zu Land und Leuten
Wir starten unseren nächsten Tag in Panyangara mit der Sonntagsmesse. Am Ende werden wir nach vorne gebeten und müssen uns alle kurz vorstellen, draußen vor der Kirche werden wir dann wieder mit einem Händedruck begrüßt, auch einige Kinder trauen sich, die Hände der seltsamen Besucher:innen zu schütteln
Später besuchen wir ein Projekt der Mill Hill Missionaries, das Menschen mit HIV unterstützt, gegen die Stigmatisierung der Betroffenen kämpft und auch Theaterstücke zur Bewusstseinsbildung zu verschiedenen Themen – etwa Frieden – aufführt. Mit einem Übersetzer unterhalten wir uns mit den Frauen (und wenigen Männern), am Ende bekommen wir extra angefertigte Armbänder mit unseren Namen und kaufen noch Schmuck. Nach dem Mittagessen mit den Patres besuchen wir Francis, einen Freund von Wolfgang (unserem Reiseleiter, der hier in Panyangara an der Entstehung der Bäckerei mitgearbeitet hat) im Dorf Napumpum. Sobald der Pick-Up von Father Ignatius, auf dessen Ladefläche wir Musungus stehen und sitzen, in das Dorf, in dem gerade Markt ist, einfährt, kommen von überall Kinder, die hinter uns nachlaufen. Eigentlich wollen wir vor der Kirche aussteigen, aber das ganze Dorf hat sich um uns versammelt, wir würden nicht vom Fleck kommen. Also fahren wir weiter und die Kinder laufen mit und springen teilweise auf unser Auto auf. Bei Francis versammelt sich dann ebenfalls das halbe Dorf und beobachtet uns. Francis hat es – für die hiesigen Verhältnisse – geschafft: er hat eine Ausbildung zum Elektriker und er hat sich ein kleines „Haus“ gebaut. Drinnen ist es dunkel, es gibt keine Betten oder andere Möbel, auch seine zwei Kinder wohnen hier. Der ältere Sohn geht schon in den Kindergarten und hat sich uns Musungus wohl anders vorgestellt: er wundert sich, dass wir reden können. Francis empfängt uns mit Getränken, die wir unter einem Baum trinken, wobei wir wie in einem Schaufenster von den Dorfbewohner:innen beobachtet werden, nach und nach kommen Verwandte, um uns die Hand zu schütteln – viele knien sich dabei vor uns nieder. Musungu zu sein, ist ein seltsames Gefühl: wir werden wie Promis oder Kolonialherren behandelt, stehen winkend am Auto, …. Zum Abschied bekommt Wolfgang noch ein Geschenk: einen lebendigen Hahn.
Für Francis und seine Familie scheint es keinen Grund zu geben, wieso wir diesen Hahn nicht einfach mit nach Hause nehmen können. Der Hahn begleitet uns daher den ganzen Tag mit zusammengebundenen Füßen am Pick-Up, am Abend bekommt er bei den Patres ein neues Zuhause mit Hennen, die ihn gleich willkommen heißen – und kräht vor Freude die ganze Nacht. Von Francis fahren wir weiter zum Sliding Rock, einem Felsen, auf dem Kinder auf Plastik hinunterrutschen, wodurch sich schon eine spiegelglatte Bahn gebildet hat. Natürlich versuchen auch wir uns am Rutschen, nachdem wir die Aussicht von ganz oben genossen haben. Am Heimweg bleiben wir noch in Kotido stehen, was für hier sozusagen eine Großstadt ist. In einer Bar schauen wir uns bei einem Getränk das Treiben auf der Straße an, bevor wir wieder zurück nach Panyangara fahren. Dort verbringen wir einen letzten Abend in dieser ruhigen Oase. Schweine, Truthähne, Hunde (mit Welpen) und eine Katze laufen frei herum und wir werden von den Brüdern und auch den angrenzenden Schwestern mit großer Gastfreundschaft willkommen geheißen, in den Gesprächen mit ihnen erfahren wir immer viel über das Leben und die Menschen in der Region. Wie jeden Abend essen wir auch heute gemeinsam mit den Patres und plaudern dann noch draußen bei angenehmen Temperaturen und einem kühlen Getränk (bei den Patres gibt’s natürlich einen Kühlschrank mit Tiefkühlfach).
Heute besuchen wir den Kindergarten der Mill Hill Missionaries, die Kinder haben Lieder und Geschenke für uns „vistors“ (=visitors) vorbereitet und bekommen auch von uns ein paar Geschenke. Danach kommt der traurige Abschied von unseren Gastgeber:innen, Wolfgang bekommt zum Abschied noch die traditionellen Zeichen eines Älteren der Karamajong: einen Hut, einen Hocker und einen Stab. Letzteren bekommen auch die anderen beiden „Alten“ unserer Gruppe.
Dann brechen wir auf Richtung Norden und Kidepo Nationalpark. Aber unterwegs halten wir noch bei der nächsten Missionsstation der Mill Hills in Loyoro. Dort bekommen wir einen kurzen Rundgang, es werden zum Beispiel Schuhe gemacht, Schuluniformen genäht und es gibt auch ein Post-Aids-Projekt, und ein Mittagessen – inklusive Warzenschwein. Die Fathers von Loyoro begleiten uns noch zu ihrer Primary School, die auch von der Caritas Kärnten unterstützt wird und die wir auf Wunsch der Patres eigentlich nur kurz besuchen wollen. Doch aus dem kurzen Besuch wird ein etwas längerer, denn es wurde ein volles Programm für uns vorbereitet. Die Zeremonie beginnt mit der ugandischen Hymne, gefolgt von Liedern, Reden und einem Theaterstück. Die ganze Schule versammelt sich unter einem großen Baum, auch Elternvertreter:innen sind in ihrem traditionellen Karamajong-Gewand da. Am Ende bekommen wir traditionelle Stühle der Karamajong geschenkt. Auch hier sind wir wieder die Ehrengäste, die „vistors“, die „donors“ (Spender:innen). Die Schule geht bis ungefähr 14 Jahre, danach müssten die Kinder weiter in die Secondary School gehen. Doch das große Problem, worum es auch im Theaterstück geht, ist, dass oft das Geld dafür fehlt und der Wert der Bildung von vielen Eltern nicht gesehen wird. Dadurch schließen viele die Schule nicht ab.
Wir verlassen die Schule wieder und machen uns auf Richtung Kidepo Valley National Park, bei der Durchfahrt am Weg zu unserer Lodge sehen wir schon die ersten Büffel, Antilopen und Warzenschweine in der Abenddämmerug. Der Kidepo NP liegt ganz im Norden des Landes an der Grenze zu Südsudan und Kenia und ist der abgelegenste Park des Landes. Unsere Lodge ist der komplette Kontrast zu den Tagen in Panyangara: es gibt nur Musungus (nur die Bedienung sind Einheimische), unser Gepäck wird in die Zimmer getragen, das viergängige Menü ist westlich. Die Lodge steht auf einem Hügel, die Haus-Zelte, in denen wir schlafen, sind darauf verteilt und mit Betten, Dusche und WC ausgestattet - und im Dunkeln werden wir von einem Ranger begleitet, denn Zaun ist keiner um das Gelände, wir sind mitten in der Natur. Am Abend stoßen wir noch auf den Geburtstag von Wolfgang an (auch von den Patres bekam er schon traditionelle Geschenke, bei der Schulfeier ein lautstarkes Geburtstagslied) und freuen uns schon auf die morgige Walking Safari mit einem Ranger.
Heute starten wir früh – aber „there’s no hurry in Africa“, das für eine bestimmte Uhrzeit bestellte Frühstück kommt zwanzig Minuten später. Ismail bringt uns danach mit aufgeklapptem Dach zur Zentralstelle der Rangers – schon die Fahrt dorthin ist eine Safari: wir sehen riesige Büffelherden, verschiedene Antilopen und Warzenschweine (wie Pumba von König der Löwen) mit kleinen Ferkeln.
Auch die ersten Zebras stehen neben der „Straße“. Ein Ranger begleitet uns dann für unsere Walking Safari, zwei Stunden gehen wir durch die Savanne, der Ranger erklärt uns vieles über die Tiere und Pflanzen des Nationalparks und wie in der Natur alles mit allem zusammenhängt und einen Kreislauf bildet. Antilopen springen über die Gräser hinweg, Büffel beobachten uns akribisch und immer wieder kommen Warzenschweinfamilien vorbei. Auf der Rückfahrt zurück zur Lodge sehen wir dann die ersten Elefanten. Zwei Gruppen mit Kälbern fressen friedlich unter einem Baum und lassen sich von uns nicht stören, ein Bulle überquert vor uns die Straße.
In unserer Savannah Lodge haben wir Zeit den Blick über die weite Landschaft zu genießen – und zum Mittagessen gibt es Spaghetti Bolognese. Am Nachmittag brechen wir mit Ismail zu einem Game Drive auf, er kennt sich gut im Park aus, wir fahren kreuz und quer auf unebenen Wegen durch die Gegend und so kommen wir bei fast allen „wichtigen“ Tieren vorbei. Zusätzlich zu den zahlreichen Antilopen, Büffeln und Warzenschweinen sehen wir Giraffen, eine Hyäne, Affen, Geier, … . Das Leben in der Savanne ist friedlich, die Tiere gehen einfach ihren Aktivitäten nach und wir beobachten sie durch das geöffnete Autodach. Auch die Kulissse im Nationalpark ist atemberaubend, die weite flache Landschaft wird von Bergen begrenzt, immer wieder gibt es einzelne Bäume und Felsen. Die Suche nach Löwen bleibt (fürs Erste) ohne Erfolg und in der Abenddämmerung kehren wir in die Lodge zurück, wo wir gemeinsam essen und dann noch den Abend auf der gemütlichen Terrasse ausklingen lassen.